Mein Erfahrungsbericht

über eine aufregende Zeit

Gründonnerstag - oder auch: der Krebs-Jahrestag

Heute jährt sich mein gesundheitliches Malheur. Am Gründonnerstag vor drei Jahren, dem 17.04.2014, nahm das Unheil seinen Lauf. Ich hatte am letzten Tag vor Ostern noch einen Arzttermin ergattern können. Seit Sonntag hatte ich eine Sehstörung, die jeden Tag schlimmer wurde. Der Hausarzt konnte sich aus meinen Symptomen auch keinen Reim machen (zumindest hat er nichts gesagt!), aber den richtigen Riecher hat er wohl schon gehabt, denn er hat ein großes Blutbild veranlasst. Am Abend dann der Anruf: "Ihre Blutwerte sind sehr, sehr schlecht. Sie müssen sofort in die Klinik. Packen Sie auf jeden Fall für eine Nacht ein". Wenn ich damals geahnt hätte, dass aus der einen Nacht siebzig und weitere werden würden...

Als ich in der Praxis die Unterlagen abholte, sagte der Arzt noch "Fahren Sie direkt in die Uni-Klinik, nicht ins Kreiskrankenhaus". In der Notaufnahme bekam ich direkt eine Bluttransfusion. Das kannte ich bis dato nur aus dem Fernsehen. Es hat viele Stunden gedauert, dann kam ich auf die Station. Auf die Station für Leukämiebehandlung und Stammzelltransplantation. Das Schild habe ich zu dem Zeitpunkt glücklicherweise nicht wahrgenommen, es war ja schon mitten in der Nacht.

Am nächsten Tag sagten die Ärzte sie testen jetzt erstmal auf Leukämie, aber ich soll mir keine Sorgen machen, das machen sie bei jedem Patienten um von vornherein das schlimmste auszuschließen. Jaja... Ich dachte mir, das wird es schon nicht sein, wäre jetzt ja auch viel zu einfach gleich beim ersten Test einen Treffer zu landen. Leider erwartete mich nur wenige Stunden später die niederschmetternde Diagnose und somit werden mich Karfreitage in Zukunft immer an den bisher schwärzesten Tag in meinem Leben erinnern.

Darauf folgten zehn Wochen Chemo und Bestrahlung, eine Operation zur Implantation eines Port-Katheders, am nächsten Tag eine Notoperation, da meine Lunge bei der Implantation verletzt wurde und daraufhin kollabierte. Ich bekam eine Drainage und lebte eine Woche mit Morphium und einem daumenbreitem Schlauch zwischen den Rippen. Später infizierte ich mich mit einem hartnäckigen Krankenhauskeim und es dauerte Monate, das Scheißteil wieder loszuwerden. Man könnte also sagen, ich habe nahezu alles erlebt.

Über die nächsten 16 Monate folgten weitere stationäre Chemotherapien. Meinen 25. Geburtstag verbrachte ich im Krankenhaus (und die Visite hat nicht mal ein Ständchen gesungen, obwohl ich einen großen Happy-Birthday-Hut auf meiner Glatze trug). Kurz vor meinem 26. Geburtstag stand meine letzte Entlassung an. Insgesamt war ich bis dahin über ein halbes Jahr im Krankenhaus gewesen. Ich dachte echt, ich wäre mit der Scheiße für immer durch und jetzt kommt nur noch ein bisschen ambulante Erhaltungstherapie, aber man sieht sich ja immer zwei Mal im Leben. So auch der Krebs und ich. Immerhin hatte ich über ein Jahr lang die Möglichkeit, ein fast normales Leben zu führen.

Ein Leben mit vielen Freiheiten, mit Dingen, die ich nie zu schätzen gelernt hätte, wenn ich nicht wochen- und monatelang hätte darauf verzichten müssen. Ein Leben mit Salat und Erdbeeren, ein Leben mit Schokoladentorten, ein Leben mit spontanen Kurztrips, Shoppingtouren oder Schwimmbadbesuchen. Das sind nur Beispiele für so viele Dinge, die ich jetzt viel bewusster erlebe und mich daran erfreue (oder erfreuen würde, weil momentan darf ich ja wieder nicht...)

Aber es war nicht alles schlecht. Ich habe viele tolle Leute kennengelernt, die mein Leben bereichern. Ich habe gelernt, wer meine wahren Freunde sind und wer für mich da ist. Ich habe mich mit Dingen auseinandergesetzt, mit denen man sich in diesem Alter normalerweise nicht beschäftigt. Ich gehe viel gelassener an die Dinge heran und weiß, dass es immer viel schlimmer kommen könnte.

Danke an alle, die mich in den letzten drei Jahren auf meinem Weg begleitet haben, sei es persönlich, gedanklich oder virtuell. Dank euch hatte ich genug Kraft hier und heute an diesem Punkt zu sein!

Hi, ich bin Barbara, Jahrgang '89 und hatte im April 2014 im Alter von 24 Jahren die Diagnose Leukämie (ALL).

Nach einer langwierigen Chemotherapie über 2 1/2 Jahre bekam ich im September 2016 die Rückfall-Diagnose. Eigentlich hatte ich gedacht, ich wäre den Krebs los. Aber jetzt hat er sich wieder in meinen Blut breit gemacht. Ihm hats wohl besonders gut bei mir gefallen, was ich ja schon irgendwie verstehen kann... Aber ich hätte ihn echt nicht nochmal gebraucht.

Zunächst wurde ich mit einem neuen Antikörper-Wirkstoff (Blinatumomab) behandelt, der erst seit kurzem in Deutschland zugelassen ist. Deshalb findet man noch nicht so viele Erfahrungsberichte von anderen Patienten, was mich auf die Idee gebracht hat, diesen Blog zu gründen.

Leider hat sich unter der Blina-Therapie ein Tumor im Brustgewebe gebildet, es handelte sich dabei um ein Infiltrat der Leukämie (ja, auch Leukämie kann streuen!). Als nach 1 1/2 Blöcken Blinatumomab kein Rückgang des Tumors festgestellt wurde, mussten härtere Geschütze aufgefahren werden und
es folgten zwei weitere Zyklen Chemo. Der Tumor hat sich wieder aus dem Staub gemacht und so konnte ich krebsfrei in die Stammzelltransplantation gehen.

Im Februar 2017 habe ich von meinem Bruder eine Stammzellspende erhalten und kämpfe mich jetzt zurück ins Leben!

Mit meinem Blog möchte ich euch an meinem Roulette mit dem Krebs teilhaben lassen! Ich habe auch eine Facebook-Seite, wo ich immer mal wieder ein Lebenszeichen abgebe, die kann man auch öffnen wenn man nicht bei Facebook registriert ist. Dazu einfach unten das blaue F-Symbol anklicken.